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Johannes Gutenberg

Bücher möglich machen in großer Zahl

Ein Bruch, ein Umbruch in der Bücherwelt? Nein, ein Kontinuum, so beschreibt Klaus-Rüdiger Mai in "Gutenberg. Der Mann, der die Welt veränderte" (2016) die Arbeit von Johannes Gutenberg [1]. Ein Kontinuum, das sich von den ersten Wandbildern der Steinzeit über Steintafeln in Babylon, das Schreiben auf Papyrus, Schilf, Stoff und Papier fortsetzt - in China seit der ersten Jahrtausendwende, in Europa fand die Verwendung von Papier ein paar Jahrhunderte später ihre Ausbreitung. 

 

Und dann kam Gutenberg, geboren um 1400, verstorben ungefähr im Februar 1468. Gutenbergs Ziel: Bücher in der gleichen und möglichst höheren Qualität wie die der handgeschriebenen Bücher in großer Zahl zu produzieren, zu verbreiten und dadurch ein wohlhabender und respektierter Mann seines Zeitalters zu werden. 

 

Das Zeitalter, in dem Gutenberg lebte, war die Renaissance (französisch: Wiedergeburt). Sie erstreckte sich von ungefähr 1400 bis 1599 (15. und 16. Jahrhundert u.Z.) und bildete den Übergang vom späten Mittelalter in die Neuzeit. Mai ist - unter anderem - ein versierter Historiker und versteht es hervorragend, Lücken in den Datenquellen mit nachvollziehbaren Annahmen und Schlussfolgerungen zu füllen. Er bezieht den Kontext der damaligen Kultur, der Politik und des Geschäftslebens ein und zeichnet Johannes Gutenbergs Weg von seiner Kindheit und Jugend in Mainz, seinem Studium in Erfurt, seinen Jahren in Strasburg und seiner Rückkehr nach Mainz nach. 

 

Jedes Kapitel dieses hervorragend gesetzten und gut gebundenen Buches ist lesenswert. Besonders herausheben möchte ich hier die Art, wie Mai Gutenbergs Erfindungsgabe beschreibt, sein sich Einarbeiten in mehrere Handwerke, sein kaufmännisches Denken und Handeln und die Fähigkeit andere Menschen für seine Vorhaben zu gewinnen und mit ihnen komplexe und finanziell riskante Projekte durchzuführen. Eines dieser Projekte ist die Produktion der Pilgerspiegel für die Große Aachener Heiligtumsfahrt, die alle sieben Jahre stattfand. Gutenberg entwickelte die erforderlichen Geräte, er und seine Gefährten bauten sie, experimentierten mit den Verfahren, die sie entwickelten, und schließlich war es soweit: die Pilgerspiegel waren fertig. Ein Jahr zu früh, sie hatten sich im Jahr vertan. Dies war in Ordnung. Die Pilgerspiegel waren auch ein Jahr später, 1440, wertvoll. Gutenberg und seine Gefährten reisten nach Aachen und verkauften die Pilgerspiegel erfolgreich. Dies ist eine der vielen Vorgeschichten, die zu den "Gutenberg-Bibeln" führten. 

 

Gutenberg hat seine Werke nicht mit seinem Namen versehen. Er nahm wohl an, dass der Welt klar sein würde, von wem diese Druck- und Bindungswerke stammen. Seine Konkurrenten, die alles andere als zart mit ihm umgegangen sind, haben dies anders gemacht. 

 

Johannes Gutenberg war der Mann, der den Menschen in Europa und darüber hinaus ermöglichte, Bücher und andere Schriftstücke auch dann zu erwerben und zu lesen, wenn sie nicht zu den wohlhabenden Teilen der Gesellschaft gehörten. Gutenberg hat den Grundstein für eine breite Bildung gelegt. Menschen können Wissen verbreiten und erlangen, ohne von anderen Menschen und von Institutionen abhängig zu sein. 

 

Insofern ist dies ein Umbruch: es geht in die Breite. Das Kontinuum ist der Text, das Schreiben, das Lesen. Darum sieht Mai das digitale Zeitalter und Menschen wie Steve Jobs nicht als erneuten Umbruch sondern ebenfalls als eine Fortsetzung. Texte und Bücher bleiben bestehen. Noch mehr Menschen können diese produzieren, lesen und verwenden. 

 

Stimmt. Und doch hoffe ich und bin auch zuversichtlich, dass es hochwertig und schön gesetzte, gebundene Bücher aus gutem Papier, Farbe und Einband, sei er aus Papier, Leinwand oder Leder, weiterhin geben wird.

 

Der Bibliothekar in "The Day after Tomorrow" [2] antwortet der jungen Frau auf ihre Frage: "Sie beschützen dieses Buch. Warum?" - "Das ist eine Gutenberg-Bibel." - "Sind Sie gläubig?" - "Nein, aber wenn wir dieses Buch verbrennen, dann geht ein Grundstein unserer Kultur unwiederbringlich verloren." Ein Gruppe von Menschen hatte sich bei einem massiven Kälteeinbruch auf der Nordhalbkugel der Erde in die New York Public Library [3] gerettet und konnte nur überleben, weil sie Bücher im Kamin eines der Prachträume verbrannten. 

 

Bibliothekare [*] sind für mich Hüter und Mehrende des Wissens und der Kultur. Sie sind Sozioinformatiker der ersten Stunde [4]. Und sie können dies tun, weil es Menschen wie Johannes Gutenberg und Steve Jobs gibt. Bibliothekare waren die ersten, die sich Gedanken dazu gemacht haben, wie wir Wissen digital speichern, wieder auffindbar und weiter verwendbar machen können. 

 

Von Bibliothekaren erzählt Klaus-Rüdiger Mai in seinem Buch eher am Rande. Im Mittelpunkt steht zunächst einmal der Mann, der es möglich machte, Bibliotheken in großer Zahl zu gründen und mit Büchern zu füllen: Johannes Gutenberg. Lesenswert!

 

Christa Weßel - Mittwoch, 15 Sep 2021

 

Lese- und Sehstoff

[1] May KR. Gutenberg. Der Mann, der die Wellt veränderte. Propyläen 2016. ISBN 978-3-549-07467-1

[2] Emmerich R. The Day after Tomorrow. Movie. USA, 20th Century Fox 2004.

[3] Wiseman F. EX LIBRIS – The New York Public Library. Zipporah Films Inc 2017. https://www.youtube.com/watch?v=YzKrlOFZBD8 (24 Oct 2018 & 21 Nov 2020 & 15 Sep 2021) 

[4] Weßel C. Sozioinformatik: Von Menschen & Computern … und Bibern. Weidenborn Verlag  2021: S. 42.

 

[*] In meinen Texten (Blog, Bücher, …) sind unabhängig von der verwendeten Geschlechtsform jeweils alle Menschen gemeint. Und wenn ich daran denke, erwähne ich dies auch immer mal wieder am Ende eines Blog-Eintrages.