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Auf die Kombination und die Dosis kommt es an

... Von der Kunst Blog, Twitter und Co einzusetzen

Ein zentraler Baustein wissenschaftlichen Arbeitens und fundierten Schreibens ist die Literaturarbeit nach allen Regeln der Kunst. Es gehört auch das Glück dazu, bei der Recherche zu einem ganz anderen Thema auf interessante Artikel zu stoßen. Fördern lässt sich dies durch das Abonnement guter Newsletter und die Nutzung von Social Media, zum Beispiel Twitter.

 

In meinem Fall war es die Suche nach einem Nachruf von Friedemann Schulz von Thun zu Ruth Cohn, das Abonnement des Chancen Newsletters der ZEIT und des Newsletters des World Ecomonic Forums kombiniert mit der Tatsache, dass ich derzeit - wieder einmal - über den Sinn und Unsinn der Nutzung von Social Media nachdenke. Zum einen gehört dieses in mein Schwerpunktgebiet Sozioinformatik und damit in meine Arbeit als (forschende) Autorin, als Dozentin und auch als Coach.

 

Zum anderen habe ich noch einen Job, den vierten (Blog vom 30.08.2017). Als Verlegerin bin ich auch für das Bekanntwerden der Bücher verantwortlich. Blogger-Kollege Rudi Moos spricht dann einfach von unserer Marketing-Frau neben unserer Autorin, unserer Setzerin, dem Berater unseres Vertrauens und seinem Boss, der Verlegerin. So viel sei verraten: es sind nicht fünf Personen.


Also steht wieder einmal Fall-basiertes Lernen an. Nach dem Gründen eines Unternehmens (Blog vom 11.03.2018) folgt nun das Bekanntmachen. Ich gestehe: Marketing ist nicht eines meiner Lieblingsgebiete. Der Berater unseres Vertrauens im Verlag meinte dazu, dass das auch gut sei. Ich sei schließlich vorrangig Autorin. Autoren schreiben. Dazu sollten sie möglichst frei sein von wirtschaftlichen Zwängen und der öffentlichen Meinung. Marketingmenschen können werben - und müssen dabei auch immer Außenwirkung und Ökonomie im Auge haben.


Und nun zum Zufall beim Finden wichtiger und / oder interessanter Quellen. Möglich wird dieses durch das "auf dem Radar haben" der weiteren Themen, die Sie gerade beschäftigen. Bei meiner Recherche zu Ruth Cohn, der Begründerin der Themenzentrierten Interaktion (TZI), und dem Lesen der beiden Newsletter begegnete mir auch das Thema Social Media in der Gestalt von Twitter.

 

Twitter 2008 ... aus der Sicht eines Coaches

Ruth Cohn lebte von 1912 bis 2010. Aus diesem Jahr stammt auch der Nachruf von Friedemann Schulz von Thun. Weiter hinten in der Ausgabe 2/2010 von Kommunikation & Seminar schrieb Henri Apell über Twitter aus der Perspektive eines Coaches.


Twitter ist mit seinen heute zwölf Jahren schon fast eine alte Dame (oder Herr?) im Social Media Getümmel und behauptet sich gegen gleich alte und jüngere immer wieder neu, auch wenn die Nutzerzahlen dieses Microblogging-Dienstes in Deutschland und weltweit deutlich geringer sind als die Nutzerzahlen von Social Networks wie zum Beispiel facebook oder Multimedia-Portalen wie youtube. Aktuell: Twitter in Deutschland knapp 2 Millionen, weltweit 330 Millionen; Facebook in Deutschland 20,5 Millionen, weltweit knapp 2,2 Milliarden; Youtube in Deutschland 6 Millionen, weltweit 1,5 Milliarden [Kontor4 und statista].

 

Social Media ... als Wissenschaftler nutzen

Auf den zweiten, wichtigen Artikel wurde ich durch einen Hinweis im Chancen Newsletter der ZEIT aufmerksam. Diesmal ging es um Wissenschaftler. Welchen Einfluss hat die Nutzung von Social Media auf den Bekanntheitsgrad iher Arbeit? Lamb und Kollegen schlagen vor, den traditionellen Impact Factor zu verlassen. Der Impact Factor ist ein Faktor, der aus der Bedeutung einer Fachzeitschrift entsteht, und zunehmend überholt und nicht ganz fair wirkt. Lamb und Kollegen stellen "altmetrics" vor und wenden ihn an:


"Given the importance of social media in communication, there has been a proliferation of research on the value of various alternative metrics of science communication (hereafter "altmetrics") for measuring broader impacts and predicting important bibliometrics such as citation count ..." [Lamb et al 2018, p 2]


Dieser Artikel ist sehr lesenswert für Wissenschaftler, Studierende, Politiker und an wissenschaftlichen Erkenntnissen interessierte und last not least Social Media Marketing Menschen. Ein paar Kernbotschaften möchte ich hier beschreiben.


In einem angemessenen Umfang eingesetzt und kombiniert (definiere "angemessen") erhöhen sie den Bekanntsheitsgrad eines Artikels oder anderer Publikationen sehr, vor allem je unbekannter die Arbeit zuvor war: "social media can transform the highly obscure to the notable" [Lamb et al 2018, p 9].


Aus den Ergebnissen der Studie lese ich die Empfehlung an Wissenschaftler, Blog und Twitter zu kombinieren, beispielsweise, einen Blog zu schreiben, dann einen Tweet abzusetzen, der auf das Thema, eine Kernbotschaft und die Vertiefung im Blog hinweist. Dadurch antworten andere Wissenschaftler und Autoren und schreiben in ihren eigenen Blogs darüber. Vor allem erfährt auch eine breitere Öffentlichkeit von dieser Arbeit. Es gibt viele nicht-Wissenschaftler, die Spezialthemen und / oder gesellschaftlich relevante Themen auch über Twitter verfolgen, beispielweise ökologische und politische Themen.


Dadurch entsteht ein weiterer Nutzen. Die Wissenschaftler treten schneller und stärker in einen Dialog mit anderen Wissenschaftlern (peers), mit Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft und - nicht zuletzt - mit einer breiteren Öffentlichkeit. Diese Menschen können sich dann wiederum selbst an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen beteiligen.

 

Digitale Souveränität ... schon im Schulalter

Wie Twitter funktioniert, gehört mittlerweile zur Allgemeinbildung. Wirklich? Lamb und Kollegen plädieren jedenfalls dafür, dass die Nutzung und der effektive und effiziente Umgang mit Social Media Teil des Studiums und damit Teil der Ausbildung von Wissenschaftlern werden sollte. Ich meine, dass das sehr spät ist. In der Schule sollte es beginnen und sich im Studium fortsetzen. Social Media sollten immer wieder Thema sein, in jeweils für die Kinder und Jugendlichen ausgerichteten Umfang und Tiefe. Mit anderem Worten: Sie erwerben Digitale Kompetenz und Geschicklichkeit und damit Digitale Souveränität. Social Media sind ein wichtiger Baustein darin.


Henri Apells Artikel von 2010 ist in meinen Augen auch heute noch ein guter Einstieg in das digitale Zwitschern. Er erklärt Grundbegriffe, worauf es bei der Nutzung ankommt und worauf Nutzer achten sollten, die im professionellen Umfeld twittern.

 

Twitter ... ein Mini-Blog

Dass der Mikroblogging-Dienst Twitter für Autoren, Wissenschaftler und Menschen, die sich in Politik und Gesellschaft engagieren, interessanter ist als Soziale Netzwerke wie facebook, linkedin und Co, haben Lamb und Kollegen in ihrem Artikel " Tweet success? ..." gezeigt.


Bislang sah ich als Autorin, Dozentin und Coach keinen wirklichen Grund, neben meinem Blog andere digitale soziale Medien zu pflegen. Noch schien mir der zeitliche Aufwand höher als der inhaltliche Nutzen. Es gab viel Austausch und vor allem immer wieder das persönliche Gespräch. Nichts - so auch Susan Sontag (Blog vom 23. März 2018) - kann das persönliche Gespräch, den Dialog, ersetzen.


Nun, mit dem Erscheinen der Fachbuchreihe Elche fangen ... und der Arbeit an den nächsten Büchern wird der Kreis der Menschen, mit denen ich als Autorin in einen Dialog treten möchte, größer. Und es gibt sehr gute Twitterbeiträge von Organisationen, die ich mit auf meine "Folgen"-Liste gesetzt habe.


Dies trifft sich dann auch mit unseren derzeitigen Überlegungen im Weidenborn Verlag. Es ist zunächst einmal sinnvoll, die Autorin selbst über ihre Bücher schreiben zu lassen und damit deren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Die Autorin wird jedoch nicht über die Bücher schreiben. Sie wird über Themen schreiben, um die es auch in den Büchern geht. Denn die Geschichten in den Büchern und die Themen entwickeln sich weiter. Und wer weiß, vielleicht greifen dann einige Menschen auch zum Buch. Schließlich ist einer der Elche der Beziehungselch. Schauen wir also, wie sich die digitalen Beziehungen entwickeln.

 

Lesestoff

 

Christa Weßel - Mittwoch, 2. Mai 2018


Blogrubriken Sozioinformatik und Schreiben & Publizieren und Organisationsentwicklung


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