· 

Eine Vor-Weihnachtsgeschichte

Wer fragt bekommt ... mehr

Panda im Park

Abends im Park auf meiner - fast - täglichen Denkrunde. Ein Fahrrad mit einer dieser sehr hellen Leuchten kommt mir entgegen. Ich kann's ja mal versuchen: "Könnten Sie das Licht ein wenig absenken? Es blendet sehr." Zu meiner Überraschung stieg der Mann unmittelbar vom Rad und kam neben mir zum Stehen: "Sehr gerne. Gut, dass Sie mir es sagen. Das Rad ist relativ neu. Es hat schon mal jemand etwas gesagt, aber das Runterstellen hat wohl noch nicht genügt. Ich kann es auch schlecht einschätzen, wenn ich hier stehe." Das Licht war im Stehen ausgegangen. "Soll ich Ihnen helfen?" - "Gerne." Also ging ich zwanzig Meter zurück und er stellte das Licht ein. Wir schauten dann zusammen nach dem Winkel des Lichts. "Die Oberkannte der Lampe ist ungefähr fünfundzwanzig Grad nach vorn geneigt." - "Ja. Ich guck's mir dann noch mal im Hellen an."

 

Damit war das Gespräch nicht zu Ende. Wir plauderten eine gute halbe Stunde. Ich hörte eine Geschichte mit Happy End. Von einem, der Kaufmann geworden war, viele Jahre ganz verschiedene Dinge gemacht hatte und dann im letzten Jahr seine Arbeit verlor. Einer, der noch ein Mobiltelefon zum Aufklappen hat. "Das fällt jetzt aber leider auseinander." Einer, der seinen Computer in den Keller gestellt hat, als dieser nicht mehr mit Windows 98 arbeiten wollte. "Und da steht er immer noch?" - "Ja, und jetzt gehe ich doch wieder in die Computerwelt, werde zum Experten, lerne jeden Tag dazu. Das Gute: die Leute in der Firma, in der ich arbeite, haben Geduld mit mir." Ich durfte weiter fragen. Wie das Jahr ohne Arbeit gewesen ist, wie er seine neue Arbeit gefunden hat, wie es ihm jetzt geht.

 

Das Jahr ohne Arbeit nahm einen ganz typischen Verlauf. Im ersten halben Jahr ist da viel Energie und Lust darauf, die neue Freiheit zu genießen und zuversichtlich zu sein, etwas Neues zu finden. "Ich dachte, die Welt wartet auf mich. Nur tat das niemand." Im Herbst, der dunklen Jahreszeit, kam Lethargie. "Am Abwasch sieht man es als erstes. Und dann keine Lust, die Wäsche zu waschen und schließlich wird fast jeder Alltagsschritt zu viel." Es passierte etwas, das diesen Menschen wieder Energie gegeben hat. Er brauchte ein Darlehen, das ihm - natürlich - keine Bank geben wollte. Also wendete er sich an jemanden, der -  so die Erfahrung auch vieler Unternehmensgründer - helfen würde. Ein ganz alter Tipp lautet nämlich: Willst du ein Geschäft gründen, leih dir etwas bei Oma. Die hilft, weil sie dich kennt, an dich glaubt und einen langen Atem hat. In dieser Geschichte war es ein Bruder. Der setzte sogar noch etwas drauf. "Wenn du Geld brauchst, kannst du auch bei mir arbeiten. Zu tun gibt es genug." Und so kam es dann. "Ab nächstem Jahr gehört alles, was ich verdiene, mir. Dann bin ich klar mit dem geliehenen." Und der neue Job macht Freude. Das Reinfuchsen in die neuen Themen. Der Glaube des Bruders und der Kollegen an ihn. Der Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit, auch durch den schönen Park.

 

Funktioniert hat es, weil dieser Mensch offen war für einen neuen Job. Weil er mutig war: er hat sich um Hilfe an jemanden gewendet. Und klug: er hat seinen Bruder gewählt, also jemanden, der ihn kennt. Hätte auch schiefgehen können. Nicht immer ist es so zwischen Geschwistern. Aber oft. So auch hier. Wie mit der Oma und ihrem Darlehen für das neue Geschäft.

 

"Danke, dass Sie mir Ihre Geschichte erzählt haben. Eine Vorweihnachtsgeschichte mit Happy End." - "Ja, kann man so sagen, gerne." Eine Geschichte mit Happy Start. Im Sommer wollen wir im Parkcafé einen Kaffee trinken und einander berichten, wie es so weiter gegangen ist mit den Geschichten.

 

Christa Weßel - Freitag, 9. Dezember 2016

 

Blogrubrik Organisationsentwicklung

 

< Zum Nikolaus   heute    Eine Weihnachtsreise >