Das Interview
Zuhörer in Vorträgen, Teilnehmer an Open Spaces auf Konferenzen, Studierende in Seminaren und Klienten in meinen Beratungsprojekten probieren Appreciative Inquiry aus. Das Interview ist das Kernstück der Wertschätzenden Erkundung und Sie können es nach einer kurzen Einführung unmittelbar anwenden.
Eine Einführung in die Wertschätzende Erkundung bietet der Blog vom 04.08.2015 Wertschätzende Erkundung - Wie Veränderung aus dem Vollen schöpfen kann. Dort finden Sie mehr zum Zyklus mit den 4+1 D und den fünf Prinzipien, mit denen die Wertschätzende Erkundung arbeitet. Zu zweit können Sie anhand eines Beispielthemas einander gegenseitig interviewen. Fünfzehn Minuten und dann wechseln Sie die Rollen Interviewer / Interviewter. Üblicherweise dauern Interviews in der Wertschätzenden Erkundung ein bis zwei Stunden. Im Blog vom 21.10.2015 [23 Juli 2023: und im Buch Andere arbeiten lassen] können Sie lesen, was Studierende über ihre Hochschule herausgefunden haben.
Haltung im Interview
Kinder, die sich mit ihren Großeltern unterhalten, bringen sie mit: Offenheit, Neugier und Empathie. Im Dialog entwickeln beide - Kind und Erzähler - Energie, Hoffnung und Ideen. Der Film "Honig im Kopf" ist ein Beispiel dafür (Schweiger, Gmehling 2014). Um diese Haltung - "Opa, erzähl mir ..." - geht es auch im Interview.
Interview-Leitfaden
Einleitung
Der Interviewer erzählt, was Wertschätzende Erkundung ist ist, warum wir es in dieser Organisation (Firma, Hochschule, Unternehmen, Behörde, ...) machen und wie das
Interview und das Danach verlaufen soll.
Teil I - Die besten Erfahrungen
Bitte erzählen Sie Geschichten mit herausragenden positiven Erfahrungen, egal wie lange sie her sind.
- Der Anfang: Warum und wie sind Sie in unsere Firma gekommen? Was hat Ihnen gerade am Anfang besonders gefallen?
- Im Verlauf: Was waren Ihre besten Erfahrungen in unserer Firma? Wann konnten Sie richtig gut arbeiten? Warum war das so? Wer war noch beteiligt?
- Bitte ganz unbescheiden: Was schätzen Sie an sich selbst? An Ihrer Arbeit? An unserer Firma?
- Unsere Schätze: Was sind die herausragenden Eigenschaften, die unsere Firma ausmachen? Eigenschaften, ohne die sie aufhören würde zu existieren?
Teil II - Was sein könnte
Stellen Sie sich vor, Sie schreiben einen Artikel für den Wirtschaftsteil einer renommierten Tageszeitung. Sie sind im Jahr 2025. Titel des Artikels: "Es geschehen
noch Wunder: Wie das Unternehmen X seine Zukunft sicherte."
- Sie konzentrieren sich dabei auf ein Thema, das sich im Verlauf von Teil I entwickelt hat.
- Erzählen Sie diese Geschichte: Wie sieht unserer Firma aus? Was passiert in unserer Firma? Was hat sich geändert?
Teil III - Wie wir es erreichen können
Es gibt keine Einschränkungen in Zeit, Geld, Engagement und gutem Willen in und um unsere Firma herum.
- Was würden Sie in unserer Firma ändern, damit sie so wird, wie Sie sie beschrieben haben? Erzählen Sie von drei Dingen.
Abschluss
Der Interviewer bedankt sich, schildert kurz welche Geschichte und welche Aussagen ihn besonders berührt haben und warum.
Er fragt, ob der Interviewte sich vorstellen kann, selbst zwei oder mehr Interviews in der Firma durchzuführen.
Interview-Dokumentation und Verdichtung
Die Interviewer dokumentieren jedes Interview (a) auf einem vorbereiteten Formblatt und (b) durch kurze Texte der Geschichten und Sprüche, die sie am meisten berührt haben.
Ein Kernteam oder - im Rahmen eines Summit, einer Großgruppenveranstaltung, mehrere Teams - stellen einander diese Geschichten vor und wählen wiederum herausragende aus und filtern
Kernaussagen heraus. Diese Geschichten können auch in Form von Berichten einem größeren Kreis zugänglich gemacht werden.
Dieses Verdichten ist der Übergang zur nächsten Phase: Dream - Wie könnte es sein. Dream findet in der Regel in Gruppen- oder gar Großgruppenveranstaltungen statt.
Wie auch schon am 4. August 2015 beschrieben: Wertschätzende Erkundung ist nicht das rosarote Träumen. Es ergänzt das Lösen
von Herausforderungen und Problemen. Seine Stärke ist, dass jeder Mensch, Mitarbeiter oder Führungskraft, es leicht und unmittelbar selbst anwenden kann. Und es macht Spaß.
Christa Weßel - Freitag, 19. Februar 2016
- Schweiger T, Gmehling L. Honig im Kopf. Warner Brothers / Barefoot Films 2014 - https://www.youtube.com/watch?v=85x6AlsH7HQ
- Cooperrider DL, Whitney D, Stavros JM. Appreciative Inquiry Handbook (2nd ed.) Oakland, CA, Berrett-Koehler Publishers 2005. - Weitere Literatur zur Wertschätzenden Erkundung auf der Seite Wandel.
- Weßel C. Das Interview im Appreciative Inquiry. Arbeitsmaterial. Frankfurt am Main, Oktober 2015. - PDF
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