Dual studieren bedeutet, in einem Unternehmen eine Ausbildung zu machen und an einer Dualen Hochschule zu studieren. Dabei wechseln zwölfwöchige Praxisphasen und ebenso lange Theoriephasen miteinander ab. Das Unternehmen und die Hochschule sind Kooperationspartner. Es gibt also eine dreiseitige Vereinbarung zwischen Studierenden, Unternehmen und Hochschule, die in Verträgen geregelt ist.
- Die Situation: 28 Studierende im fünften von sechs Semestern des Bachelorstudiengangs Wirtschaftsinformatik, 1 Dozentin, 1 Unterrichtsraum an der DHBW Mannheim, 1 virtueller Raum auf der eLearning-Plattform der Hochschule und 5x4 Unterrichtsstunden über einen Zeitraum von 5 Wochen. Und eine Sekretärin, die alle(s) zusammenhält.
- Das Ziel: Wissenschaftler werden in 1000 Minuten.
- Die Frage: Wie führe ich eine Bachelorarbeit durch?
- Titel des Seminars: Projektskizze Bachelorarbeit.
In ihrer Bachelorarbeit, also zur Abschlussarbeit führen die Studierenden eine Entwicklung, eine Exploration oder eine Evaluation in ihrem Unternehmen durch. Manchmal sind auch alle drei Aspekte enthalten.
- Entwicklung: Software oder Teile davon.
- Exploration: Was brauchen wir für XY? Was soll etwas können? Welchen Nutzen kann es uns bringen? Wo liegen Hindernisse und Gefahren? Wie hoch ist der Aufwand? ...
- Evaluation: Was kann es? Wie zufrieden sind die Menschen die mit "es" arbeiten? Welche Ideen haben sie zur Verbesserung? Wie hoch war der Aufwand? Wie hoch ist der Nutzen - für unser Unternehmen, für die Menschen, für die Umwelt? (product, people, planet) Gibt es Schäden? Wenn ja, wo und wie groß sind sie?
Die Studierenden brauchen:
- einen klaren Auftrag
- einen Betreuer in ihrem Unternehmen
- einen wissenschaftlichen Betreuer an ihrer Hochschule
- Fertigkeiten, also Wissen und Übung in den Methoden des Software-Engineering, der Betriebswirtschaftslehre und allgemeinen quantitativen und qualitativen wissenschaftlichen Methoden.
Quantitativ: "zählen" mit Hilfe der Statistik. Qualitativ: Neues entdecken, beschreiben, verstehen, erklären zum Beispiel durch Beobachtungen und Interviews.
Die Studierenden müssen zwei Wochen nach Ende dieses Seminars die Anmeldung ihrer Bachelorarbeit abgeben. Darin enthalten sein müssen: Titel der Arbeit, Exposé, Unterschrift des betrieblichen
Betreuers und Unterschrift des wissenschaftlichen Betreuers.
Wissenschaftlich Arbeiten kann man nicht einfach, man muss es lernen. Dazu sind im Studiengang drei Seminare vorgesehen, die im ersten, dritten und fünften Semester stattfinden. Ich hatte die
Ehre und das Vergnügen, mit achtundzwanzig Studierenden das dritte dieser Seminare durchzuführen. Zunächst galt es herauszufinden, was können die Studierenden bereits, was brauchen wir nicht zu
wiederholen? Außerdem untersuchten wir am ersten Nachmittag: Was wollen die Studierenden, und was brauchen sie?
Diese Standortbestimmung und Zieldefinition war unsere Leitplanke auf dem Weg zur Projektskizze Bachelorarbeit, die Thema und Resultat dieses Seminars war. Ganz nach dem Prinzip des Kompetenzorientierten Lernens. Zu Beginn hatten ungefähr ein Drittel der Studierenden noch
keine klare Vorstellung zu ihrem Thema. Am letzten Tag des Seminars fünf Wochen später hatten noch zwei Studierende kein von und mit ihrem Unternehmen definiertes Thema. Diese zwei haben jeweils
ein - wie ich finde - sehr interessantes Thema eigenständig entwickelt. Ich hoffe, sie können es in ihren Unternehmen umsetzen.
Die Studierenden wussten bereits sehr viel. Es war ihnen nur nicht unbedingt bewusst. Ein Phänomen, das ich im Lernen und Lehren immer wieder beobachte. Eine der Aufgaben von Lehrenden ist,
dieses Wissen mit den Studierenden ans Tageslicht zu fördern, es zu strukturieren und anwendbar zu machen. Anders gesagt, es zu explizieren. Dabei lernen sie im Team. Sie folgen damit dem
Grundsatz "Das Ganze ist größer als die Summe seiner Teile" (Aristoteles) und wenden eine der fünf Disziplinen der Lernenden Organisation an (Team Learning, Peter Senge).
Wo standen wir nach "1000 Minuten", nach fünf Wochen am Ende des Seminars? Wir sind sehr weit gekommen. Alle Studierenden hatten eine Projektskizze angefertigt. Nahezu die Hälfte hatte ein Exposé
verfasst. Und doch blieb ein großer Wunsch offen, der bei uns allen bestand, den Studierenden und der Dozentin: Wir hätten gerne mehr Zeit. Wissenschaftliche Methoden zu erlernen, sie anzuwenden
und zu wissen, wann man wie welche Methode anwendet, und wann man welche Methoden kombinieren kann und sollte, braucht Übung.
Unser Fazit: wir sind mit dem Verlauf in diesem Setting zufrieden. Die Studierenden haben eine größere Sicherheit in der Anfertigung ihrer Bachelorarbeit gewonnen. Dort wo noch Unsicherheiten
bestehen, beispielsweise in den Methoden oder - das finde ich persönlich schlimmer - der wissenschaftliche oder der betriebliche Betreuer stehen noch nicht fest, haben sie jetzt Ideen dazu, wie
sie damit umgehen können.
Sie werden den virtuellen Raum auf der eLearning-Plattform nutzen, den wir für dieses Seminar eingerichtet haben. Dieser soll bis zum Ende ihres Studiums bestehen bleiben, damit sie die dort
hinterlegten Ressourcen nutzen und Fragen miteinander im Forum beleuchten können. Wohl wissend, das dies auch eine Flut auslösen könnte, habe ich angeboten, dass sie sich über dieses Forum auch
an mich wenden können. Dies ist als Reserve vorgesehen, wenn es einmal "haken" sollte, und sie eine weitere Meinung aus Sicht einer Dozentin hören möchten. Ich bin überzeugt davon, dass die
Studierenden sich hierin ähnlich professionell wie im Seminar verhalten werden: sie werden dieses Angebot nicht strapazieren sondern verantwortungsvoll nutzen.
Mein Fazit: Es hat Freude gemacht und ich freue mich darauf, mit einen Teil der Studierenden in ihrem sechsten und letzten Semester im (Wahl-) Seminar Consulting zusammen
zu arbeiten.
Christa Weßel - Fr, 1. November 2013
Blogrubrik Lernen & Lehren
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