Berater sein ...
Was sollten Berufseinsteiger in der Branche an persönlichen und fachlichen Qualifikationen mitbringen? Wie bereitet man sich auf den Einstieg vor? Welche Herausforderungen kommen auf die Absolventen zu? Typische Fragen von Studierenden und Berufseinsteigern - dies können auch Quereinsteiger, also "Ältere" sein.
Consulting ist Beratung. Oder? Im angloamerikanischen Raum ist Consulting ein umfassender Begriff, der auch, aber nicht nur für das Business-Consulting steht, wie es für den deutschen Sprachraum üblich ist. Consulting ist eine durch fachliche Expertise ausgezeichnete Beratung mit zahlreichen Spezialgebieten. Viele Wege führen in diesen Beruf, sei es durch eine bereits im Studium entsprechend ausgerichtete Ausbildung oder später im Berufsverlauf.
Anforderungen in der Consultingbranche
Unterstützen Sie gerne andere ohne unbedingt selbst im Rampenlicht zu stehen? So verstehe ich gute Beratung. Mein erster Coach in einer großen Unternehmensberatung hat mir viele gute Sätze mit auf den Weg gegeben. Der erste lautete: Ein guter Berater macht sich überflüssig. Soll heißen: Sie bringen anderen bei, was Sie wissen. Sie sorgen dafür, dass ein Klient lernt, lernen kann, und später ohne Ihre Beratung das Thema weiter bearbeiten kann.
Können Sie den Wald vor lauter Bäumen sehen? Können Sie Abstand halten, Muster erkennen und dann wieder ins Detail einsteigen? Klienten holen uns Berater, weil das Thema nicht zu ihren Kernkompetenzen gehört, wie beispielsweise die Implementierung einer neuen Software in einem Dienstleistungsunternehmen (Bank, Krankenhaus, Wetterdienst, ...). Oder der Klient braucht Anregungen, zum Beispiel in der internen Fortbildung, in der Personalrekrutierung oder in einem internen Konflikt.
Sind Sie Einzelgänger und teamfähig? Der Coach, von dem gerade die Sprache war, hat mir auch dies nahe gebracht: Wir müssen und dürfen immer wieder in Teams hinein, wir bleiben meist Externe und wir müssen immer wieder gehen.
Können Sie mit Druck und Ängsten umgehen, die Menschen in Ihrer Umgebung ausstrahlen? Denn oftmals fürchten die Menschen in einem Unternehmen um Einflussbereiche oder gar um ihre Arbeitsplätze. Diesen Druck und diese Ängste, auch die Angst vor Neuem, bekommen Sie zu spüren. Jeden Tag. Mehr oder - eher - weniger offensichtlich.
Worauf Sie achten sollten
Wenn Sie ein Studium mit einem betriebswirtschaftlichen Anteil absolvieren, können Sie es schon. Wenn Sie aus einem anderen Bereich kommen, lernen Sie es jetzt: Machen Sie eine Organisationsanalyse, in der Sie danach schauen, welches die Geschäftsbereiche und -Ziele des Unternehmens sind, wie das Unternehmen seine Mitarbeiter fordert und fördert, und wie erfolgreich das Unternehmen ist. Außerdem untersuchen Sie, wofür dieses Unternehmen steht: Was sind seine Werte, Regeln und ethischen Standards? Und dann gehen Sie spazieren und beantworten sich die Frage: Passen wir zusammen? Falls nicht so ganz, können Sie sich auch noch fragen, könnte ich trotzdem dort arbeiten? Wenn ja, warum, wie und wie lange?
Im Internet und in meinem Buch finden Sie Hinweise, wie Sie eine solche Unternehmens- und Kulturanalyse durchführen können. Kurz gesagt: Auftritt im Internet, Geschäftsberichte und vielleicht kennen Sie auch jemanden, der Erfahrung in oder mit diesem Unternehmen hat.
Was Sie mitbringen sollten
"Dass unsere Kandidaten in ihrem Fach fit sind, davon gehen wir aus. Wir schauen, ob sie zu uns passen, in unser Unternehmen, zu unserer Philosophie, in unser Team." Worte eines Topmanagers einer der Großen der Unternehmensberatung.
Was steckt hinter dieser Äußerung? Sie brauchen fachliche, methodische und soziale Kompetenzen. Sie müssen also in Ihrem Fach über eine solide Wissensbasis verfügen, sei es Ökonomie, Psychologie, Soziologie, Jura oder Informatik, Philosophie, Medizin, Naturwissenschaft oder Ingenieurwesen. Sie brauchen Methodenkompetenz, wie Gesprächsführung, Moderation, Zeitmanagement, Projektmanagement, Controlling und - vor allem - lebenslanges Lernen. Und Sie müssen mit sich selbst und anderen klar kommen. Ihre soziale Kompetenz entscheidet letztlich über Ihr Wohl und Wehe im Beruf. Zu sozialen Kompetenzen zählen Authentizität, Offenheit, Empathie, Loyalität, Flexibilität, Belastbarkeit, Ausdauer, Reflexionsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Kreativität. Kreativität gibt es in den unterschiedlichsten Ausprägungen, die eine kann gut in fünf Minuten technische Probleme im Content Management System (CMS) meines Internetauftritts so erklären, dass ich es verstehe und beim nächsten Mal verhindern oder selbst beheben kann. Der andere ist ein hervorragender Designer. Teamfähigkeit entwickelt sich aus sozialen und methodischen Kompetenzen und ist gleichzeitig ein wichtiges Element für das Erlernen und Vertiefen von Kompetenzen. Kernmerkmale hoher Teamfähigkeit sind, reflektieren und konstruktiv positive und negative Kritik üben und annehmen zu können. Dies können Sie wie alle anderen Kompetenzen üben. Im Buch (*) gibt es dazu einige Methoden und Beispiele.
Der erste Job
Es gibt die Großen, es gibt kleine, es gibt auf Branchen und Themen spezialisierte Unternehmen, und es gibt Freiberufler, die in einem Netzwerk mit Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Zum Einstieg empfehle ich die Arbeit in einer Unternehmensberatung oder - als interner Berater - in einer größeren Firma. Von den Großen können Sie lernen, was gute Beratung ausmacht und - schlechte. Darum ist es wichtig, sich vor einer Bewerbung mit den Werten und Zielen einer Firma auseinander zusetzen (siehe oben).
Eine großes Beratungsunternehmen oder eine Firma haben den Vorteil einer gewissen Sicherheit. Sie können mit den Themen und Ihren Aufgaben wachsen. Sie lernen und probieren aus, ohne unmittelbar die Zeche zahlen zu müssen, wenn Sie Fehler machen oder an einem Tag nicht ganz fit oder gar krank sind. Natürlich will Ihr Arbeitgeber auch etwas davon haben. Sie müssen also Wissen, Zeit und Energie mitbringen.
Glücklicherweise ist vielen Unternehmensführungen mittlerweile klar, dass Balance entscheidend für eine gute Arbeit ist, auch die von Arbeitszeit und Privatleben. Nur zufriedene und gesunde Mitarbeiter sind gute und damit für das Unternehmen mittel- und langfristig lohnende Mitarbeiter.
Wie finden Sie Ihren ersten Job?
Hoffentlich gut.
Zum einen sind da natürlich die Ausschreibungen in Printmedien und auf Online-Plattformen. Zum anderen gibt es den persönlichen Faktor. Meinen Studenten empfehle ich: Seien Sie stets hellwach, vor allem auf Konferenzen, Feiern und Empfängen. Jederzeit können Sie jemanden über den Weg laufen, die oder der jemanden wie Sie sucht oder jemanden kennt, der sucht. Dann erfolgt nicht: Zeigen Sie mir Ihren Lebenslauf, sondern es folgt ein Test. Dieser Test kann als ganz entspanntes Gespräch über Ihr Spezialgebiet daher kommen.
Eine Suche nach einer Arbeitsstelle kann auch so beginnen:
Student: Ich bin zurzeit auf der Suche nach einem Job in Richtung der IT Beratung, aber eher in Richtung des strategischen Bereichs.
CW: Wie sieht es mit interner Beratung aus? Auch daran interessiert? bspw. Assistent / Referent IT-Leitung einer größeren Firma.
Student: Interne Beratung klingt auch sehr interessant, hätten Sie da etwas?
CW: Könnten Sie sich vorstellen, in einer großen Behörde zu arbeiten? Die sind spannender als sie klingen.
Student: Prinzipiell schon, kommt da natürlich auch auf die Stelle an. Danke!
CW: Nicht zu früh freuen, werde mal vorfühlen, dazu brauche ich ein kurzes Profil von Ihnen. Werdegang, Schwerpunkte, Besonderes - und warum Sie was machen wollen. Eine bis zwei Seiten.
Student: Werde mich die nächsten Tage dransetzen.
Fazit
Die Arbeit als Berater, Consultant und auch als Coach ist einer der schönsten Berufe, die ich kenne. Wir werden dafür bezahlt, dass wir mit und von unseren Klienten lernen. Wir können immer wieder in neue Gebiete eintreten und neue und interessante Menschen kennen lernen und mit ihnen arbeiten. Unsere Aufgabe dabei ist es, fachlich, methodisch und sozial fit zu sein.
Christa Weßel - Mo, 12. August 2013
Nachtrag 04.10.2013: Dieser Text ist in gekürzter Fassung erschienen: Weßel C. Passen wir zusammen? junior//consultant. Oktober - Dezember 2013: 48-49.
(*) 02.01.2018: Hier geht es um den mittlerweile vergriffenen Vorläufer der ersten drei Bände der Buchreihe Elche fangen ... Basiswissen für Berater und Führungskräfte, die 2017 im Weidenborn Verlag erschienen sind.
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